Sati-Sampajañña


mmDer Ausdruck Sati-Sampajañña ist im Buddhismus weit verbreitet und stellt einen wesentlichen Aspekt der spirituellen Praxis dar. Der Grund, warum ich ihn im Zusammenhang mit Yoga erwähne, liegt darin, dass die Praktiken des Hatha-Yoga die Merkmale von Sati-Sampajañña fördern.

TOCCO POTHILA
Eine Lehrrede
von Ajahn Chah

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mmDas Wort Sati-Sampajañña stammt aus der Palisprache. Diese alte nordindische Sprache wurde vermutlich zu der Zeit gesprochen, als Buddha lebte und wirkte.
mmDie Übersetzung dieses Begriffs ins Deutsche gestaltet sich nicht ganz so leicht und lässt sich ungefähr mit 'besonnener Achtsamkeit', 'intuitiver Wahrnehmung', 'Achtsamkeit und klarem Verstehen' oder 'Bewusstwerden und Verstehen' umschreiben. Hierbei wird eine innere Fähigkeit beschrieben, die wir ganz selbstverständlich nutzen, insbesondere in Momenten, in denen wir nicht von der Welt der Sinne gefesselt sind. Doch selbst wenn wir von dieser Sinneswelt eingenommen sind, gibt es Augenblicke, in denen wir uns selbst wahrnehmen und die Ereignisse um uns herum erkennen. In solchen Augenblicken ist Sati-Sampajañña in uns lebendig und aktiv.
mmSati-Sampajañña steht für die Fähigkeit, die es uns erlaubt, uns selbst in seiner Gesamtheit zu erkennen. Mit dem Begriff "Gesamtheit" meine ich sowohl das äußere Erleben durch unsere Sinne als auch die Art und Weise, wie dies unsere innere psychische Welt beeinflusst. Es handelt sich um eine Form der Wahrnehmung, vergleichbar mit dem Moment, in dem wir auf einer Schwelle stehen, wobei wir je nach Intensität der Ereignisse mal stärker nach außen und mal intensiver nach innen fokussieren. Dadurch wird uns sowohl die äußere als auch die innere Welt bewusster.
mmIndem wir uns intensiver mit unserer inneren Welt auseinandersetzen, beginnen wir allmählich zu begreifen, auf welche Art und Weise wir die äußere Welt deuten. Wir werden Erkenntnisse gewinnen, wie unsere Erfahrungen und Einsichten aus der Vergangenheit entscheidend dazu beitragen, unser Verständnis für die äußere Realität zu formen. Zum Beispiel kann es sein, dass wir in der Vergangenheit eine negative Erfahrung in einem bestimmten Kontext gemacht haben, was dazu führt, dass wir eine gegenwärtige ähnliche Situation zunächst als bedrohlich wahrnehmen, auch wenn das möglicherweise nicht der Fall ist. Durch Sati-Sampajañña sind wir in der Lage, solche Vorgänge zu beobachten und sie korrekt einzuordnen. Dadurch lernen wir, Situationen angemessen zu bewerten und können uns innerlich von Vorurteilen, falschen Annahmen und Erwartungen befreien. In der Meditation oder generell auf der Suche nach innerem Frieden ist diese Fähigkeit äußerst nützlich, denn es sind die Vorstellungen in unserem Geist, die verhindern, den Frieden im Herzen zu finden.
mmEs könnte sein, dass wir gerade einen entspannenden Spaziergang in der Natur unternehmen und plötzlich feststellen, dass wir in unseren eigenen Gedanken gefangen sind. Dieses Phänomen ist weit verbreitet, denn unser Geist hat eine Vorliebe für das Denken. Diese unerwartete Einsicht wird durch die Fähigkeit der Achtsamkeit (Sati) ermöglicht. Wenn wir dann kurz innehalten und uns auf den Inhalt unserer Gedanken achten, erkennen wir, dass es sich nicht um klare Überlegungen handelt, sondern eher um ein sich wiederholendes, kaum bewusstes Grübeln. Dies geschieht durch die Kraft des klaren Verstehens (Sampajañña). Die Folge dieser Erkenntnis wird sein, dass dieses Gedankenkreisen von selbst zerfällt und der Geist für einen Moment die Stille wahrnimmt; diese Stille bildet die Basis für inneren Frieden.
mmEs ist jedoch vollkommen üblich, dass der Verstand sich erneut in einem wiederkehrenden, kaum bewussten Gedankenstrom verliert. Denn so wie das Auge durch Objekte, die Nase durch Gerüche, die Zunge durch Geschmäcker, das Ohr durch Klänge und die Haut durch Berührung angeregt wird, erfreut sich auch der Geist am Denken. Aus diesem Grund wird in der buddhistischen Meditationspraxis ausdrücklich betont, dass die Entwicklung und Entfaltung des Selbstbewusstseins durch Achtsamkeit (Sati) ein äußerst zentraler Aspekt ist, um inneren Frieden zu erlangen.